Warum ich den Boden unter den Füßen bevorzuge – Gärtnern auf Balkonien
In diesem Artikel teile ich meine persönlichen Erfahrungen über das Gärtnern auf meinem Balkon. Gleich zu beginn: Ich liebe es nicht! Klar, ich arbeite gerne auf meiner überdachten Terrasse, höre dem Minibrunnen beim Plätschern zu – und ertappe mich, dass ich mit der Gartenschere manchmal lieber zwischen den Kübeln werkel als am Rechner. Aber lieben tue ich das Gärtnern auf dem Balkon nicht. Es ist ein Kompormis.
Hier die hard facts zu meinem Balkon:
- mit Kindern
- mit Hund
- mit Katzen
- mit kompletter Sonne
- mit Dauerschatten
- mit Überdachung
- 100 cm breit um die Wohnung laufend
- Gittergelände, daher schwer zu fotografieren, weil man gleich bei den Nachbarn ins Zimmer sehen kann
Warum ich das extra sage? Einfach, weil ein Balkon nicht gleich Balkon ist! Darüber habe ich schon im April ’21 philosophiert: Ein Balkon ist ein Balkon ist ein Balkon. Lass Dich da auch nicht von „Das-sind-die-5-besten-Bienenpflanzen-für-Deinen-Balkon-Listen“ verführen!
Warum Balkone nicht mein Ding sind
Ja, ich habe einen Balkon. Aber wenn ich ehrlich bin, werde ich damit nicht wirklich warm. Dieses ständige das Dauersorgen und -pflegen, das ständige Herumgerenne mit der Gießkanne (ja, Schlauch ist auch möglich, der liegt dann irgendwo rum) – es kann ganz schön nerven. Die Pflanzen stehen auf engstem Raum, kämpfen um Licht und Luft, und ich? Ich fühle mich eher wie die Gärtnerin im Breitschaftsdienst, der ständig am Limit ist. Fegen, Aufwischen, begrenztes Erdvolumen. Das ist mal so gar nicht mein Ding und hat für mich eher einen Touch von botanischer Reinigungsfrau…! Im Frühjahr habe ich auch die Bepflanzung schon um die Hälfte reduziert – aber irgendwie ist es hier dennoch pflanzlich…
Ganz ehrlich? Ich lobe mir einen richtigen Garten. Einen Ort, an dem die Pflanzen in der Erde verwurzelt sind, ihre Wurzeln tief in den Boden graben und sich den Platz nehmen, den sie brauchen. Da draußen, wo ich mit den Standortbedingungen besser spielen kann als auf einem Intensivstation-Balkon! Wo die Natur ihren eigenen Rhythmus hat und ich nur da bin, um ab und zu ein bisschen Ordnung in das fröhliche Chaos zu bringen. Das ist ganz viel eher nach meiner Fasson! Dann wird es nämlich schön UND entspannend!
Der Balkon ist gerade meine einzige Option!
Die Sache ist aber die: Ich habe keinen Garten. Ich habe einen Balkon. Er geht einmal um die Wohnung herum und hat uns während der Pandemie die schönsten Momente geschenkt! Selbst wenn ich meinen Balkon manchmal verfluche, gibt es trotzdem eine Menge, was wir aus diesem kleinen Raum herausholen. Es ist alles eine Frage des Know-hows, der richtigen Pflanzen und der richtigen Einstellung. Na gut, und der Lust des Dauercarings… was wie gesagt nicht so sehr mein Ding ist.
An dieser Stelle herzlichen Dank an alle lieben Menschen, die mich einalden: „Gunhild, komm zu mir. Tobe Dich im Garten aus! Feel free!“ Jaaaaa – hm, nein. Es geht nicht ums Austoben. Mein Garten ist mein Garten. Da bin ich mit mir verbunden. Da entwickle ich mich selber. Es geht mir im Garten nie um eine Kulisse sondern irgendwie um eine Prozessbegleitung. In beide Richtungen. Mein Garten und ich. Ich kann mir vorstellen, Du weißt, was ich meine.
Das steht gerade auf in meinen Kübeln (Stand Mitte August 2024)
Als Minihochbeete (ohne Strauchkram drin) habe ich Baumarkt-Mörteltuppen verwendet: Unten mit 5 cm Abstand vom Boden Löcher als Überlauf hineingebohrt. (Eigentlich Quatsch, denn die Tuppen sind eher trocken als dauerfeucht. Egal.) Dann gibt es noch einzelne Töpfe aus Plastik. In den Tongefäßen, die ästhetisch einfach richtig viel schöner sind, dürfen nur die absoluten Trockenheitsfreaks rein!
Kräuter und Gewürzpflanzen
- Basilikum (Ocimum basilicum), aus dem Laden, geteilt, gepflanzt, explodiert
- Koriander (Coriandrum sativum), als Jungpflanze gekauft, unter Gurgekn gepflanzt
- Rosmarin (Salvia rosmarinus), kann man nie genug haben
- Schnittlauch (Allium schoenoprasum), in einem eigenen Kasten
- Apfelminze (Mentha suaveolens), aus dem Elterngarten als Steckling mitgewandert
- Echter Thymian (Thymus vulgaris), täglich grüßt das Murmeltier: Sterbe ich oder nicht?
- Sandthymian (Thymus serpyllum), top!
- Liebstöckel (Levisticum officinale), empfindet Kübel als eine Beleidigung!
- Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), kam von alleine
- Petersilie (Petroselinum crispum), eigene Hängetöpfe auf der Nordseite
- Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus), immer und überall dazwischen, eigenes Saatgut
- Hängerosmarin (Salvia rosmarinus ‚Prostratus‘), love it!
- Scharbockskraut (Ficaria verna), Vitamin C-Spender kommt im Frühjahr wieder raus
Obst- und Gemüsepflanzen
- Tomaten (Solanum lycopersicum), für meinen täglichen Tomaten-Zwiebel-Salat
- Apfelbaum (Malus domestica), Sorte leider nicht bekannt, da von einem anderen Balkon zu uns herüber gezogen
- Heidelbeere (Vaccinium corymbosum), da naschen die Kinder schneller als ich
- Grünkohl (Brassica oleracea var. sabellica), macht einfach was her
- Himbeere (Rubus idaeus)
- Birnbaum (Pyrus communis), auch zu uns abgeschoben
- Rhabarber (Rheum rhabarbarum), wächst uns um die Ohren
- Stangenbohnen (Phaseolus vulgaris), fürs tägliche Ernten
- Steckzwiebeln (Allium cepa), sind etwas unter gegangen
- Kohlrabi (Brassica oleracea var. gongylodes), nur rote Sorten
- Erdbeeren (Fragaria × ananassa), hier und da versteckt für das Frühlingskind
- Kürbis (Cucurbita pepo), Hokkaido, einfach, weil’s schön ist. So viel Kürbis essen wir gar nicht.
- Etagenzwiebeln (Allium × proliferum), hat jetzt einen eigenen, trockenen Tonkasten
- Rote Melde (Atriplex hortensis var. rubra), lieb sie sehr, bringt immer Farbe ins Spiel. Sonst wäre hier schnell eine grüne Hölle
- Pflücksalat (Lactuca sativa var. crispa), lasse ich schön aussamen, damit kommt er im Frühjahr, wenn es für ihn passt!
Zierpflanzen und Blumen
- Blauschwingel (Festuca spp.), Rettungsversuch
- Sonnenblume (Helianthus annuus), sät sich über das Vogelfutter immer selber aus
- Lilien (Lilium spp.), die schönen weißen, liebe ich!
- Chinesische Scheinbeere (Gaultheria procumbens)
- Schmuckkörbchen (Cosmos bipinnatus), säen sich selber aus und werden nach dem Auflaufen sinnvoll verteilt
- Taglilien (Hemerocallis spp.), möchte so gerne in einen Garten ziehen
- Echtes Herzgespann (Leonurus cardiaca), ein Hummelmagnet
- Echinacea, ursprüngliche Sorten (Echinacea spp.)
- Iris, Bartlilie (Iris germanica), kurze Blüte und unfassbar schön
- Goldlack (Erysimum cheiri), ein liebes Geschenk
- Rainfarn (Tanacetum vulgare), liebt es trocken und warm
- Schwarzer Nachtschatten (Solanum nigrum), nervt mich, wo der immer herkommt!
- Krokusse (Crocus spp.), sowieso überall drin!
- Efeu (Hedera helix), ganz entspannt
- Nieswurz (Helleborus spp.), dezente Blüte im Frühjahr
- Wiesensalbei (Salvia pratensis), pflegeleicht mit zweiter Blüte nach Rückschnitt
- Christrose (Helleborus spp.), Erinnerung an die Familie
- Astern (Aster spp.), der Herbstknaller
- Polsterphlox (Phlox subulata), Bodendecker für die Obstbäume
- Ruthenische Kugeldiestel (Echinops ritro), was für ein Blau!
- Stockrosen (Alcea rosea), füllen einfach mal eine ganze Tuppe
- Tauben Skabiose (Scabiosa columbaria), blüht und blüht und blüht und wird fleißig angeflogen
- Schleifenblume (Iberis sempervirens), zartweißer Frühlingsgrus
- Natternkopf (Echium vulgare), kratzig und robust
- Echter Eisenhut (Aconitum napellus), sät sich selber aus
- Patagonisches Eisenkraut (Verbena bonariensis), mediterrane Grüße zwischen den Rosen
- Akelei (Aquilegia spp.), Feenzauber im Frühjahr
- Kletterrose (Rosa ‚Laguna‘.), seit 15 Jahren meine Begleiterin mit umwerfendem Duft
- Steinkraut (Alyssum saxatile), DAS Überbleibsel aus allen Bienenblumensaatgutmischungen
- Bienenschleierkraut (Euphorbia graminea), kam in meiner Ausbildungszeit auf den Markt
- Ringelblume (Calendula officinalis), fröhliche Farbtupfer, sät sich selbst aus
Zimmerpflanzen zum Übersommern
- Gummibaum (Ficus elastica), mag die großen, runden Blätter
- Roter Glücksklee (Oxalis triangularis), war ein Silvstergeschenk für das Herbstkind
- Grünlilie (Chlorophytum comosum), wünsche mir noch die mit den dunkelgrünen Rändern
- Drachenbaum (Dracaena fragrans), mag ich überhaupt nicht!
- Dieffenbachia (Dieffenbachia spp.), mal im Wald gefunden
- Geldbaum (Crassula ovata), bringt bestimmt Glück – und verzeiht so viel
- Flammendes Käthchen (Kalanchoe blossfeldiana), war ein liebes Geschenk
- Amaryllis (Hippeastrum spp.), bereit sich auf Weihnachten vor
Es ist alles fröhlich gemischt und kunterbunt in verschiedenen Etagen je Pflanzgefäß.
Ach ja, Schädlinge habe ich natürlich auch: Thripse, Blattläuse, Mehltau. Über die will ich lieber gar nicht reden, denn weißt Du, wie eine Fensterscheibe aussieht, nachdem Du die Gurken mit einer Natronmischung gegen Mehltau behandelt hast, am besten, in wiederholten Abständen. Sagen wir so: Schön ist anders.
Mein Balkon, meine Regeln – oder die des Standortes. Da haben wir es wieder! Es ist IMMER eine Standortfrage!
Natürlich, ein Balkon wird niemals die Weite und die Freiheit eines Gartens ersetzen. Aber er ist ein Ort an dem ich mich kreativ austoben, neue Dinge ausprobieren und ernten kann. Meine große Liebe wird es nie werden und doch bin ich sehr froh, dass wir ihn haben!
Jetzt habe ich hier meinen Balkon geteilt – und nimm es mir nicht übel, wenn ich keine Balkonberatung mache für Geld. Es sei denn, Du kannst mir hoch und heilig versprechen, dass Du Dir nichts schöneres vorstellen kannst, Pflanzenkrankenschwester und Gießservice zu werden in Deiner Freizeit. Wenn Du einen Garten hast, melde Dich sofort! Ich will mich da nicht austoben, aber ich kann Dir helfen, dass es einfacher und smarter wird. Versprochen!