Igel gefunden? Was nun?

Dein Leitfaden für den richtigen Umgang mit den stacheligen Herbsttierchen

Gleich zu Beginn: Igel sind Wildtiere und stehen unter Naturschutz!

Igel sind Wildtiere und stehen somit wie alle anderen Wildtiere auch unter Naturschutz. Es ist verboten, sie zu fangen (auch nicht vorübergehend zu Anschauungszwecken) und sie wie Haustiere zu halten (BNAtSCHG §39).


Das Frühlingskind kommt echauffieret und verwirrt nach Hause: „Da waren zwei Igel, kleine Igel. Und ein Mädchen hat sie mit Plastikflaschen hin- und her gedreht. Das ist ist doch nicht in Ordnung!“Nein, das ist nicht in Ordnung. Als wir draußen sind, sind Igel und Mädchen weg.

Es gibt zwei Zeiten, in denen vermehrt Igel zu beobachten sind: Im Frühling bei der Partnersuche und im Herbst bei der Suche nach einem Winterschlafplatz.

In diesem Artikel erkläre ich Dir, wie Du richtig reagierst, wann Hilfe notwendig ist und warum Igel keinesfalls als Kuscheltiere gedacht sind.

Verhaltensregeln beim Fund eines Igels

Igel sind Wildtiere und gehören mittlerweile zu den am bedrohten Säugetieren in Europa. Ihre Rolle im Garten ist unschätzbar: Sie fressen Insekten und fördern so das natürliche Gleichgewicht. Wenn ein Igel gesichtet wird, kommen schnell die Gedanken auf:

  • „Oh, der ist aber klein!“
  • „Es ist ja fast noch Tag, da dürfen keine Igel unterwegs sein!“
  • „Oh, ein Igel im Herbst, dem geht es sicher nicht gut, den nehme ich mit!“

Zu diesen ersten Impulsen möchte ich Dir dieses Video ans Herz legen: Abenteuer einer Igelfamilie. Begleite eine Igelfamilie im Jahresverlauf. Nur wer die Wildbiologie kennt und versteht, kann richtig handeln!

Super! Wenn Du dieses Video gesehen hast, geht es weiter mit Fragen für Dich, Dein Wissen und Deine nächsten Handlungen:

  • Kannst Du einschätzen ob der beobachtete Igel wirklich klein ist? Wann hast Du das letzte Mal einen Igel gesehen?
  • Junge Igel sind auch manchmal in der helleren Dämmerung auf Erkundungstour. Einfach, weil sie neugierig sind. Außerdem kann gerade ihr Ruheort gestört worden sein, so dass sie nicht auf die Dämmerung warten konnten.
  • Igel dürfen wandern. Ihr Revier beträgt ca. ein Quadratkilometer. Bei der Partnersuche durchwandert das Männchen 20-100 Hektar! Das ist weit mehr als die meisten Gärten Fläche haben. Zwangswechsel wie Straßen treiben sie aus der Deckung in unsere Sichtbarkeit.

Beobachte erst, bevor Du eingreifst

Ein Igel, der tagsüber unterwegs ist, kann Hilfe benötigen – muss es aber nicht. Igel sind normalerweite dämmerungs- oder nachtaktiv. Frage ist nur: Verhält sich das Tier apathisch? Ist es stark unterernährt oder hat es sichtbare Verletzungen? Das sind klare Anzeichen, dass es Unterstützung braucht.

Nicht sofort mitnehmen

Igel sollten nur dann aufgenommen werden, wenn es wirklich notwendig ist. Ein scheinbar „einsamer“ Igel ist oft nicht allein – viele Jungtiere unternehmen tagsüber kurze Erkundungstouren und Männchen suchen Weibchen. Unnötige Eingriffe bedeuten für den Igel Stress und können seine Überlebenschancen senken.

Richtig anfassen und transportieren

Wenn Du den Igel wirklich in Obhut nehmen musst, wasche vorher Deine Hände, um den Eigengeruch zu minimieren und zieh Dir Handschuhe an.
Igel können unangenehme Parasiten wie Flöhe, Zecken oder Milben mit sich tragen, die bei Kontakt auf den Menschen übergehen könnten. Diese Parasiten sind für den Igel oft harmlos, können aber für den Menschen unangenehm oder gesundheitsschädlich sein. Es sind Bakterien aus dem Diphterie-Bereich nachgewiesen worden. Außerdem können auch wir Menschen den Igel anstecken und damit eine ungewollte Kette von Resistenbildung auslösen: In Finnland wurden in Igeln neue Varianten multiresistenter Bakterienstämme festgestellt. Klingt irgendwie nicht so toll. Daher: Immer Handschuhe tragen und Hände waschen und desinfizieren!

Wann ist Hilfe nötig?

Nicht jeder Igel, den Du siehst, benötigt Hilfe. Die folgenden Kriterien helfen Dir bei der Einschätzung:

  • Untergewicht und Schwäche: Ein Igel, der im Spätherbst unter 500 Gramm wiegt, hat möglicherweise nicht genug Reserven für den Winterschlaf.
  • Tagsüber aktiv und orientierungslos: Igel sind dämmerungs- und nachtaktiv. Tagsüber herumirrende Tiere sind häufig krank oder unterernährt.
  • Verletzungen oder sichtbare Krankheiten: Wunden, Hinken oder auffällige Verformungen sind klare Alarmsignale.

Weil ich keine Wildtierexpertin bin, sammle ich hier lieber Adressen und Anlaufpunkte, die Dir helfen können, wenn Du mit einem Igel ratlos bist:

Igel sind keine Kuscheltiere

Es mag verlockend sein, einen Igel zu Hause aufzupäppeln, ihn vielleicht sogar als niedliches Haustier zu betrachten. Doch das ist ein No Go! Igel sind Wildtiere und sollten als solche respektiert werden. Ihre Pflege erfordert spezifische Kenntnisse, da falsche Ernährung und ungeeignete Haltungsbedingungen mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen können. Eine unsachgemäße Pflege kann zu schweren gesundheitlichen Problemen führen und ihre Überlebenschancen drastisch verringern.

Ein paar weitere Tipps:

  • Füttere nur, wenn nötig: Falls der Igel stark unterernährt ist, kannst Du ihn mit speziellem Igel-Trockenfutter oder hochwertigem Nassfutter (ohne Zucker und Getreide) versorgen. Milch ist tabu – sie verursacht Durchfall und Dehydration!
  • Richte einen naturnahen Garten ein: Ein insektenfreundlicher, unaufgeräumter Garten mit Laubhaufen und Totholzecken bietet Igeln einen natürlichen Rückzugsort.

Für mehr Tipps zur Gestaltung eines insektenfreundlichen und igelgerechten Gartens empfehle ich Dir meinen Artikel Der eigene Garten als Lebensraum für Igel.

Kontaktadressen und Organisationen im DACH-Raum

Falls Du Dir nicht sicher bist, wie Du vorgehen sollst, wende Dich an eine professionelle Stelle. Hier einige Adressen, die Dir weiterhelfen können:

1. Pro Igel e.V. (Deutschland) – Diese Organisation bietet umfangreiche Informationen und Kontakte zu Pflegestationen.

2. Igelzentrum (Schweiz) – Ein zuverlässiger Ansprechpartner für Notfälle und fundiertem Wissen in der Schweiz.

3. Igelfreunde und Igelhilfe (Österreich) – Seiten für Igelfragen in Österreich

Bücher über Igel:

Respektiere den Lebensraum der Igel

Igel sind faszinierende Wildtiere, die einen wichtigen Beitrag zum ökologischen Gleichgewicht in Deinem Garten leisten. Verhalte Dich achtsam, beobachte genau und handle nur dann, wenn es wirklich nötig ist. Die beste Hilfe, die Du leisten kannst, ist es, Deinen Garten naturnah und sicher zu gestalten – so schaffst Du einen Ort, an dem sich die stacheligen Gartenhelfer wohlfühlen und ungestört ihren Lebenszyklus durchlaufen können.

Bleib inspiriert, naturverbunden und achtsam – und sei Dir bewusst, dass jede kleine Handlung im Garten einen Unterschied machen kann. Danke, dass Du diesen Artikel gelesen hast. Vielleicht kennst Du jemanden, der genau das gerade braucht, weil ein Igel gefunden wurde.

In diesem Sinne: Bleib grün.wild.wunderbar!

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