Rasen gießen verboten

Es könnte sein, dass dies hier ein etwas emotionaler Text wird. Manchmal schreibe ich sachlich. Manchmal klar und strukturiert. Und manchmal – da platzt mir einfach der Kragen.

Zum Beispiel dann, wenn im Sommer Trinkwasser auf Rasenflächen verteilt wird, als gäbe es kein Morgen.

Dabei leben wir längst in einer Zeit, in der Wasser zum umkämpften Gut geworden ist. In manchen Regionen Deutschlands wird es schon rationiert. Das Bewässerungsverbot gilt sein Juni 2025 – und ja, es wird mit hohen Geldstrafen gedroht, dabei sollte der Blick in die vage Zukunft Strafe genug sein. Und trotzdem wird munter weiter gegossen – in Privatgärten, Parks, Kleingärten. Sogar in Trockenregionen.

  • Weil’s „schön aussieht“.
  • Weil’s „sich so gehört“.
  • Weil viele glauben, das sei „natürlich“.

Das geht mir über die Hutschnur. Hallo, wir leben in 2025!

Der Denkfehler: „Grün ist gut“

Jaja, ich weiß: Auf den ersten Blick wirkt eine sattgrüne Rasenfläche beruhigend. Für viele ist sie Inbegriff von Natur, weil er grün ist, weil er frisch ist. Weil dieses Art der Natur einfach dem Augen Frieden schenkt. Das ist sogar psychologisch nachgewiesen. Das Max-Planck-Insitut schreibt darüber: Wie beeinflusst die Natur das Gehirn?

Es gibt aber noch einen anderen Blickwinkel:

Ein klassischer Zierrasen ist ökologisch tot. Und durstig. Sehr, sehr durstig.

Hast Du eine Ahnung, wie viel Wasser Du vergießt? Misst Du das? Und wie geht es den Pflanzen mit diesen Mengen? Schau mal in den Gießwassertabellen von Blitzrechner.de nach, die sind ganz aufschlussreich.

Fakt ist aber: Eine Rasenfläche bietet keinen Lebensraum für Insekten. Keine Rückzugsorte für Tiere. Keine Vielfalt. Ich glaube, zum dem Vergleich von Wildblumenwiesen und Rasen muss ich gar nicht viel sagen…

Stattdessen verlangt eine Rasenfläche Pflege im Sinne von Düngen, regelmäßiges Mähen und extrem viel Wasser:

Ein Standardrasen braucht im Sommer bis zu 20 Liter Wasser pro Quadratmeter – jede Woche.

Das bedeutet: 8.000 Liter Trinkwasser im Monat für eine Fläche von 100 m².

Trinkwasser, das in vielen Regionen bereits knapp wird. Trinkwasser, das in zehn Jahren kein selbstverständliches Gut mehr sein wird – sondern ein umkämpfter Rohstoff.

Was viele nicht wissen (oder verdrängen)

Hier ein paar Zahlen, die selten in Gartenprospekten auftauchen, wenn es um den schönen, perfekten Rasen geht:

  • 🌡️ Seit den 1950ern haben sich die Sommer in Deutschland um 2,3 °C erwärmt.
  • 🔥 Hitzewellen treten in Mitteleuropa heute dreimal so häufig auf wie vor 30 Jahren.
  • 💧 100 m² Zierrasen verbrauchen im Sommer bis zu 8.000 Liter Trinkwasser im Monat. Der deutsche Wetterdienst redet sogar von 30  l/m² wöchentlich – wenn man den Rasen wirklich schön haben möchte.
  • ☀️ Wenig bedeckte Böden (z. Bsp. durch kurz gehaltenen Rasen) heizen sich stärker auf als lebendige Böden mit Schattenpflanzen.
  • 🐝 Monotone Rasenflächen bieten für über 80 % der heimischen Insekten keine Lebensgrundlage. Wie wieviele Arten ca. auf Deiner Fläche leben, kannst Du im Insektentaschenrechner heraus finden. Schau auch gerne den Unterschied an von gemäht zu nicht gemäht.

Und das, obwohl wir doch alle was für die Natur und gegen Insektensterben machen wollen.

Dabei ist es oft nur scheinbar grün. Denn Rasen ist nicht „Natur“ – sondern eine Illusion von ihr. Das sehen wir, weil die Fläche meist gelb ist als grün.

Der Rasen als Imagefläche: Willkommen im Gartenwashing

Rasenpflege zementiert ein Ideal von Ordnung und Kontrolle.

  • „Ein gepflegter Garten muss so aussehen.“
  • „Das macht man eben so.“
  • „Das war schon immer so.“

Dabei geht es längst nicht mehr um Klimaschutz – sondern um Kontrolle und Konsum.

So bin ich übrigens auf das Wort „Gartenwashing“ gekommen.

Hinter den Begriffen „klimafreundlicher Rasen“, „smarte Sprinkler“, „bienenfreundlich“ versteckt sich oft nur ein grünes Konsumproblem. Es ist der Versuch, alte Strukturen mit neuer Technik aufzuhübschen – aber am Ende bleibt es ein lebensarmer Ort.

Stimmen aus der Community

Nach meinem Post zu diesem Thema eine große Resonanz.

Ein paar Kommentare:

  • „Ich mähe selten und liebe die Pflanzen, die von alleine kommen. Aber ich bekomme schiefe Blicke.“
  • „Unsere Restfläche Rasen wird nie gewässert – sie wird gelb, aber kommt wieder.“
  • „Ich mähe mit der Sense. Mein Nachbar fährt wöchentlich den Mäher. Zwei Welten.“
  • „Wir lassen Stücke wuchern und mähen Wege in die Wiese.“

Die Sehnsucht nach lebendiger, pflegeleichter Vielfalt ist da. Aber oft stehen alte Denkweisen und soziale Normen im Weg. Das sind so tiefe Denkmuster und ästhetische Ideen.

Ich bin überzeugt: Das lässt sich ändern. Mit Information – und mit Mut.

Was wirklich wirkt

🌱 Weniger mähen

🌱 Mehr Vielfalt zulassen

🌱 Pflanzen beobachten, die von selbst kommen

Denn: Dein Garten kann mehr, wenn Du weniger machst.

Der Boden bleibt kühler. Die Artenvielfalt nimmt zu. Die Pflege wird einfacher. Und das Wasser bleibt dort, wo es hingehört: in den Wurzeln – und nicht in der Leitung.

Und was, wenn Du es anders willst?

Lies Dich gerne durch die passende Blog-Serie: Klug gießen:

Fazit: Es ist Zeit umzudenken

Der Rasen ist kein Klimaretter. War es nie und wird es auch nie werden. Gießen ohne Bewusstsein für die Zusammenhänge ist keine Naturverbundenheit. Das ist eher was wie Teppichpflege.

Es ist Zeit, dass wir diese Mythen loslassen. Und erkennen:

👉 Nicht alles, was grün ist, ist gut.

👉 Nicht alles, was gepflegt wirkt, ist lebendig.

👉 Nicht alles, was einfach aussieht, ist sinnvoll.

Wie hältst Du’s mit dem Gießen?

Ist Rasen für Dich wohltuender Rückzugsort – oder zukunftsfremdes Relikt?

Wie handhabst du es: rebellisch wenig oder nicht gießen oder konventionell mit Rasensprenger und Bewässerungsanlage?

Schreib es mir gern in die Kommentare. Ich bin gespannt auf Deine Meinung.

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