Der Wiesenstrauß im August 2025

Augustgruß

Es ist August und wir haben glücklicher Weise keine 32°C Grad mehr in der Wohnung. Es sind moderate und sehr angehme 21°C mit leichtem Lüftchen. So gefällt mir das!
Ich habe den ganzen frühen Vormittag am Rechner verbracht und Daten gesammelt und zusammengetragen – in den verschiedenen Gartenbereichen (Gemüse-, Kräuter-, Obst-, Zier- und Tiergarten), mit den verschiedenen Pflegemaßnahmen (Säen, Ernten, allgemeines) eingebettet in den phänologischen Kalender. Das sind alle Informationen, die ich gerne zu Beginn meiner Gartenzeit gehabt hätte, also vor rund 25 Jahren. Diese trage ich in ein Board für meine Jahreskreisteilnehmer zusammen:

Wann ist was im Garten dran? Wenn die Linde blüht, was bedeutet das für die Obstgehölze? Wie pflege ich Stauden im Vollherbst und wie begleite ich dabei Tiere und das Ökosystem? Ach ja, mich selbst ja auch.

Diese Fragen begleiten mich, während ich in meinen Tabelle und Listen versinke, weil es eben später nicht nur Tabellen uns Listen sein sollen! Es soll anwendungsfreundlich sein und vor allem dabei helfen, raus zu gehen und umzusetzen. So nämlich!

Dann tritt das Paradoxon ein: Ich schaue aus dem Fenster in die Wolken und denke: I“ch habe heute ja noch gar nichts gemacht.“ Also nichts Sichtbares. Nur gedacht, sortiert, verglichen. Wer kennt solche Gedanken?

Also geht es raus in den Wind. Der Hund freut sich, ich mich auch. Wir machen einen Spaziergang durch den Spätsommer. Ich möchte als Gunhild-ist-in-der-Natur-alles-ist-gut-Gefühl heute meinen August-Wiesenstrauß schneiden. Nebenbei habe ich dann auch noch ein sichtbares Ergebnis.

Zuerst denke ich: „Da ist ja nichts mehr – alles schon vorbei, bis auf die Goldrute.“ Aber dann lacht mich die Königskerze an. Und plötzlich beginnt wieder alles neu. Ein neuer Strauß. Ein neues Staunen. Es fing rötlich an und dann kam Gelb dazu, gut, es kam auch ein bisschen Gift dazu.

Diese Pflanzen sind in meinem Strauß gelandet:

Königskerze (Verbascum thapsus)

Sie steht aufrecht in den Wiesen, leuchtend gelb, ein Teil der Blüten ist schon verblüht. Eben wir eine Kerze. Die Königskerze ist keine typische Schnittblume, aber für mich soll sie heute das Zentrum dieses Straußes werden. In alten Kräuterbüscheln – z. B. zum Fest Mariä Himmelfahrt am 15. August an denen die Kräuterweihe vorgenommen wurde – spielt sie eine zentrale Rolle. Lustig, dass das Freilandmuseum Bad Windsheim über diesen Brauch schreibt: Mein Großvater war dort sehr gerne. Nur habe ich hier andere Pflanzen als im traditionellen Brauch.

Schilfblüte (Phragmites australis)

Der rötlich glänzende Blütenstand des Schilfs kam überraschend dazu – mit seinen scharfen Blättern, die ich vorsichtig löse, weil ich mich eben nicht schneiden will. Die Kombination gefällt mir schon mal sehr gut. Es wächst hier an den Weghängen zu den Feldflächen runter und bildet dichte Bestände.

Fruchtstände der Wilden Möhre (Daucus carota)

Die Wilde Möhre gehört zu meinen Lieblingspflanzen. Sie war bereis im Juli-Wiesenstrauß dabei, doch nun blüht sie nicht mehr sondern hat diese hübschen Nestchen. Sie passen so schön zum Schilf, weil die Samen auch ein bisschen rötlich überzogen sind.

Schafgarbe (Achillea millefolium)

Auch sie begleitet mich in diesem Monat. Ich finde ja, sie haben immer so einen altbackenen Touch. Ein bisschen roh, ein bisschen pur und wenn sie verblühen mit so einem eigenartigen Grau. Jetzt blühen sie volle Lotte und ich freue mich wieder über den herben Duft, der sich beim Schneiden entfaltet.


Strand-Grasnelke (Armeria maritima)

Auf einer Wiese schimmert ein großer, rosafarbener Fleck – was blüht denn jetzt noch so kräftig rosa? Ich denke spontan an wilden Schnittlauch. Ist kein Schnittlauch, es ist die Strand-Grasnelke – und obwohl ich nur wenige Blütenstände genommen habe, ergänzt sie mit der Schafgarbe diesen typischen Pseudonostalgie-Effekt.

Ich bin nicht erstaunt, sie hier zu finden: Sie kommt sehr gut mit Hitze, Trockenheit, Bodenverdichtung und sogar Schwermetallen zurecht. Das ist sinnvoll auf den belasteten Böden in den Rieselfeldern Karolinenhöhe. Ob hier wohl bald auch Windräder stehen?


Gefleckter Schierling (Conium maculatum)

Dann wird es wild! Ich dachte erst an Wiesenbärenklau, nach dem Spruch meines Botanikprofessors: „Ist der Stengel kantig, rau, handelt’s sich um Bärenklau“. Bei genauerem hinsehen hat das aber nicht ganz so hingehauen: Es ist der Gefleckte Schierling, eine der giftigsten Pflanzen Europas. Ich habe einen Doldenstand mitgenommen – vor allem aus botanischem Interesse. Diese Doppeldolden sind faszinierend aufgebaut.

Aber: Der Schierling ist instabil, weichstielig, und nicht gut für Sträuße. Das weiß ich jetzt. Außerdem kann die Pflanze bereits über die Haut Giftstoffe übertragen. Beim nächsten Mal lasse ich sie wieder stehen – sie ist kein Material für die Vase. Irgendwie doch skurril, eine Hinrichtungspflanze im Strauß zu haben – wobei sie auch vor Respekt vor der Schönheit bedeutet! Schönheit ist nicht immer ungefährlich!

Sonnenblume (Heliantus annuus)

Auf die Sonnenblumen habe ich mich schon sehr gefreut. Wenn ich an August denke, denke ich an die Sonnenblume. Denn wir fuhren einst mit der Hochzeitsgesellschaft auf einem Hänger durch die augustwarmen Sonnenblumenfelder. Der Bräutigam sprang ab und bracht seiner Braut eine Sonnenblume. Mein kleines Mädchenherz fand das unfassbar romantisch.

Kanadische Goldrute (Solidago canadensis)

Die Goldrute wollte auch mit. Ich hatte es ja schon geahnt, schließlich läutet sie den Spätsommer ein und blüht jetzt überall. Auch wenn sie gerne von Insekten angeflogen wird, so gilt sie doch als invasiv. Ich brauche sie nicht mehr in meinem Garten. Dafür gibt es ja auch eine heimische Goldrute, nur ist dieses fast unbekannt.

Im Strauß ist sie fast verschwunden und begleitet einfach die anderen Pflanzen.

Blumenstrauß-Gespräche

Auf dem Rückweg tausche ich mich mit Ulla Schuch von der Deutschen Gartenakademie aus. Wir sprechen über unsere berufliche Entwicklungen – bei ihr, bei mir. Vielleicht machen wir was zusammen. Wer weiß?

Volle Fahrt in den Spätsommer!

Wir sind dafür mitten in den Sommerferien angekommen und es geht bald nach Schweden. Mit einem neuen Auto, ohne direktes Ziel, dafür mit einer Auszeit, auf die ich mich wirklich freue. In Schweden fühlt sich alles irgendwie ein bisschen anders an, so unmittelbar, so nah dran. Ich freue mich auch auf die Tour, weil ich diese Art, Natur zu erleben, an mein Frühlingskind weitergeben kann. Der Strauß wartet dann auf uns. Und dann beginnt ein neuer Abschnitt.

Blumenstraußprozess

Ein bisschen blau zum Schluss

So sieht mich übrigens die Ochsenzunge. Sie ist auch blau, wie der Lein im Juli. Und auch diesmal passt blau nicht in den Strauß. Es stehen hier sonst auch keine weiteren Ochsenzungen. Wachse lustig weiter!

In diesem Sinne:
Bleibe grün.wild.wunderbar

Deine Gunhild

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