Wie ich wurde, was ich bin: Gartenberaterin für naturnahe und nachhaltige Gärten

Oder: Die 19 Stationen einer Gartenrebellin.

Das Gärtnern ist manchmal eine einsame Sache. Meistens jedenfalls. Da kruschtelt man hinter dem Gartenzaun in seinem grünen Glück vor sich hin und vergisst die Welt um sich herum. Was tun, wenn Fragen aufkommen? Die Pflanze, das Kraut, das Insekt nicht bekannt ist? Was dann? Wie wurde ich zur Gartenberaterin?

Ist das überhaupt ein Beruf? Auf jeden Fall! Es gibt Menschen, die wissen schon von Kindheitsbeinen an, was sie mal werden wollten und arbeiten zielstrebig darauf zu.

Ich gehöre definitiv nicht dazu. Eine Zeit lang wollte ich Bäuerin werden. Wegen der Tiere und so. Dann wollte ich Restauratorin für Stuckwände werden, weil ich den Geruch des feuchten Kalkes so gerne mag. Dann wollte ich Kfz-Mechanikerin werden. Ich träumte damals schon von einem schicken alten Wagen, den ich auf meiner Reise durch die Landschaften selber reparieren können wollte. In Gedanken ging das in Richtung Pagode – mit Kopftuch und großer Sonnenbrille.

Aber am freisten habe ich mich draußen gefühlt. Mit diesen Träumen machte ich mich auf den Weg. Heute bin ich angekommen: Gartenberaterin.

1. Berlin in den 80ern Die Naturliebhaberin aus Berlin

2. Berlin in den 90ern Kompliment vom Gärtner

3. Berlin 2003 Die Rankings im Abibuch

4. Frühjahr 2003 Gärtnerin als Ausbildung

5. 2003-05 Lehrjahre sind keine Herrenjahre

6.2005-07 Also dann doch Studium?

7. 2006 Mit Mentor zum Jagdschein

8. Sommer 2007 Kamchatka ruft

9. Frühling 2008 Mit Kind zurück zu den Wurzeln

10. 2015 Vor dem Kamin

11. 2017 Die kritische und nachdenkliche Ausbilderin

12. 2018-20 Landschaftsarchitektur

13. 2019 Persönlichkeitsentwicklung für den Garten?!

14. 2019-20 Gärtnerin im Botanischen Garten Berlin

15. Sommer 2021 Die Gartenrebellin geht an den Start

16. 2020: Wunderwald für Kinder, Familien und Erwachsene

17. Seit April 2021 Heute arbeite ich meinen Traum

18. 2022 – 2023 Der Wald hat mich wieder

19. seit Juli 2023 Der Garten geht weiter

Die kleine Gunhild (’87/’88, Heide, Schleswig-Holstein) in einer Wildblumenwiese – damals gab es so was noch!

Berlin in den 80ern: Die Naturliebhaberin aus Berlin.

Die Naturkarriere begann in Berlin-Wedding im Garten hinter dem vierstöckigen 60er Jahre Mietblock. Also nix da mit Garten-Background oder so. Keine Gärtnerfamilie oder Landwirtschaft in irgendeiner Umgebung.

Im Garten hinter der Hochparterrewohnung standen drei, vielleicht auch vier Fichten. Auf einmal waren sie gefällt. Ich weiß noch, wie fassungslos meine Mutter war. Ich glaube, das habe ich übernommen. Ansonsten gab es Rosen, Johannisbeeren und Kapuzinerkresse.

In den 90ern: Wind und Sonne um die Nase- braucht es noch mehr?

Berlin in den 90ern: Kompliment vom Gärtner.

Herr Krause, ein in meinen Augen damals alter Gärtner, der schon in vielen Berliner Villengärten war, beobachtete mich beim Werkeln im Garten. Es ging um Unkrauten: „Ich sehe schon, Du wirst mal Gärtnerin.“ So Unrecht hatte er nicht.

Auf jeden Fall war ich gerne mit den Händen in der Erde und befreite die Beete von Unkraut… es ist so meditativ und entschleunigend! 😉 Es hat einige Schlaufen und Anläufe gebraucht bis jetzt… Was immer mit dabei war: Die Liebe zur Natur und die Faszination all ihrer komplexen Zusammenhänge.

2003: Die Rankings im Abibuch.

Wer kennt sie nicht – diese Rankings im Schulabschlussbuch! Im Abibuch wurde mir mit absoluter Mehrheit der Titel „Ökotante“ verliehen. Wenn ich nur wüsste, warum. 😅 Und nein, ich hatte nicht Bio und Erdkunde in den Leistungskursen. Es waren die Französisch und Evangelische Religion.

So sehen glückliche Siegerinnen aus: mit Lisa Freund und Michaela Heller – Goldmedaille!

Frühjahr 2003: Gärtnerin als Ausbildung:

Noch mal schnell in die Abschlussklasse. „Wer will was werden?“ „Gärtnerin? So ein Quatsch, Du nimmst anderen den Ausbildungsplatz weg! Als Abiturientin. Du solltest studieren!“ – Ist das eine Art Diskriminierung? Der Spruch übrigens von einer Klassenkameradin und nicht von einer Lehrkraft. Es sollte mehr dualer Studiengänge geben! Bis heute bereue ich es nicht, diese Ausbildung gemacht zu haben. Und es sollte sogar eine Goldmedaille geben. Für gärtnerisches Können! 🌿❤️ Danke an die Junggärtner für das Engagement! Weiter so!

2003-2005: Lehrjahre sind keine Herrenjahre.

Nach der Ausbildung wollte ich die Gärtnerei an den Nagel hängen. („Watt’n SCh***!“ Mit Pflanzen wollte ich echt nichts mehr zu tun haben! Ganz ehrlich? Es menschelt eben überall, mal besser, mal weniger gut. Wer kennt das nicht?) Wenn da nicht mein erster Arbeitsplatz gewesen wäre, danke Dieter! Die heimliche Leidenschaft für Kräuter, Zwiebelpflanzen und Obst blieb unabhängig der Blumenproduktion – erwischt – grün.wild.wunderbar eben😃

2005-2007: Also dann doch Studium?

Neben den Freaks, die schon seit gefühlt Kindergartentagen an Vögel am Meer kartieren oder sich nach Fledermäusen auf die Suche machen, war ich wohl eher die Pflanzentante: Es lebe die Angewandte Biogeographie! (ein mittlerweile ausgestorbener Studiengang) Für mich hieß das durch die Botanik kriechen, das 13 qm große Zimmer teilen mit Unmengen an Zeitungspapier für die Herbarium-Pflanzen: 250 Stück mussten es sein: Selbst bestimmt, selbst gesammelt, selbst herbarisiert. Das war die Voraussetzung für das Vordiplom.

2006: Mit Mentor zum Jagdschein.

Und damit der Kreis des Lebens komplett ist: Jetzt noch das grüne Abitur! Mein Mentor – Herr Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Paul Müller. Umstritten, genial. Ein Kreuzdenker. (Querdenker darf man ja nicht mehr sagen.) Vieles habe ich gelernt, noch viel mehr noch nicht verstanden. Doch eines fand ich gut: Sein Ziel. Er wollte, dass wir – egal wo auf der Welt ausgesetzt – mit Beobachtungen der Natur wissen, wo wir uns befinden. Zeigerpflanzen, Umweltbeobachtungen, Tiere. Ein schier unendliches Lernfeld – und ich lerne immer noch. Dadurch ist der logische Schluss: Ein Garten lebt nicht nur durch seine Bepflanzung!

Sommer 2007: Kamchatka ruft.

Eigentlich sollte es mal Brasilien werden: Karneval, Tanz und Musik. Portugiesische habe ich angefangen zu lernen. Doch dort ist es mir zu heiß (und vielleicht habe ich mich auch ein bisschen nicht getraut, aber nur ganz vielleicht, so alleine so weit weg). Also ging es nach Russland. Genauer nach Kamchatka: Eine floristisch-faunistische Exkursion. Mit Rucksack, Zelt und später einem gebrochenen Handgelenk: Vulkanberge, durch Hochstaudenflure, vorbei an Kamchatka-Braunbären und viel Natur.Ich liebe Naturbilder! Sie sind die Grundlage für eine gute Gestaltung!

Wer studiert, braucht eine Brille, ist das nicht so?

Frühling 2008: Mit Kind zurück zu den Wurzeln.

Wie sehr sich die Ausbildung als nützlich erwies zeigte sich beim Studium der Gartenbauwissenschaften an der HU back in Berlin. Mit Kind auf dem Arm wollte ich durchstarten. Der ein oder andere Krankenhausaufenthalt des Herbstkindes lies ich fast zur Langzeitstudentin werden. Wie gut, dass wir, also der „Erdwurm“ wie ich das Herbstkind liebevoll nannte und ich, ein schönes Stückchen Land bewirtschaften konnten. Pastinaken und Schwalbenschwänze gehören zusammen, das wissen wir jetzt! Die Bachelorarbeit ging übrigens über Bienen und Wetter und so. Tolle Tiere!

2015: Vor dem Kamin.

Ein Freund erklärte mir, was Influencer seien. Das fand ich gut. Mein Entschluss: Das will ich auch werden – für den Grünen Bereich. Ohne Greenwashing oder Beewashing. Aufklärungsarbeit für Gärten und ihre Menschen. Das wäre was! Damals arbeitet ich in einer Baumschule in der Beratung. Mein wichtigstes learnig: 90% der Gartenfragen sind die gleichen! Das kommt daher, dass jeder in seinem Garten rumkruscht – alleine! Wohin mich das noch führen sollte, wusste ich nur noch nicht. Und jetzt gibt es diesen Blog!

2017: Die kritische und nachdenkliche Ausbilderin.

Lehren heißt Aufklären, oder? Aber muss jeder Gärtnern lernen? Wer ein Haus kauft, wird doch automatisch ein Gärtner, eine Gärtnerin. Schließlich wird das Grün außen herum „Garten“ genannt und los geht’s! Finde den Fehler. Auch Gartenschauen enttäuschen mich immer wieder, ob als BuGa oder LaGa – wo bleibt die Vision, die Verantwortung, die wir in diesem wunderbaren, naturverbundenen Beruf haben???

Gunhild versucht sich in Pläne zeichnen.

2018-2020 Landschaftsarchitektur

Ja, da saß ich auch drin, neben der Arbeit in der Baumschule. Ich wollte das Gestalten lernen! Dass es dabei irgendwie an den Pflanzen – mit welchen ja gestaltet werden soll – vorbei geht, machte mich stutzig. Was bringt der schönste Plan, wenn die Pflanzen sterben oder der Garten gar nicht zu den Menschen passt? Ich möchte keine Zeit über dem Papier sitzen und darüber nachdenken, wie ich einen Garten schön aus der Vogelperspektive zeichnen kann.

Ich wünsche mir Menschen, die in ihren Gärten glücklich sind, weil Natur glücklich machen kann!

Gunhild Rudolph

2019: Persönlichkeitsentwicklung für den Garten?!

Etwas außerhalb der Reihe gab es dann ein Coaching. Ganz für mich alleine. Mit Meditationen, Selbstreflektion, Heilreisen und all dem, was es so zu lesen gibt. Und es tat mir richtig, richtig gut! „Folge Deinem Herzen und gehe mutig Deinen Weg!“, danke Brigitta, für diese Zeit! Dabei entdeckte ich: Der Garten ist ein mutiger Weg! Und meditativ ist er auch. Für die Achtsamkeit ebenso ein wunderbares Übungsfeld. Nicht um sonst gibt es mittlerweile Gartentherapeuten. (Nein, das habe ich nicht gemacht.)

2019-2020 Gärtnerin im Botanischen Garten Berlin.

Ein Traum für jeden pflanzenverrückten Gärtner – will man meinen. Diesen Ort liebe ich sehr! Schon als Kind haben wir dort Ostern gefeiert (weil keine Hundehinterlassenschaften), lösten die Aufgaben zur Pflanze des Monats (was hätte ich gerne eine Jahreskarte gewonnen!) oder folgten im Herbst dem Duft des Lebkuchenbaumes. Die Vielfalt, das Verwirrende, die Reise in eine andere Zeit. Nur gab es als Gärtnerin für mich eine Herausforderung: Kaum Kontakt nach außen: Das Revier Erhaltung & Forschung ist für den Publikumsverkehr nicht zugänglich. So zog ich meine Bewerbung für die Leitung des Alpenhauses zurück – und machte mich auf den Weg in die Selbstständigkeit.

Sommer 2021: Die Gartenrebellin geht an den Start.

Ein Jahr hat die Vorbereitung gedauert. Begonnen habe ich unter dem Namen Gartenrebellin. Das ändert sich zu grün.wild.wunderbar, denn rebellisch fühle ich mich nicht. Hier fühle ich mich wohl und bin schwer verliebt in mein Logo 😍 Im ersten Garten dürfen 14 hohe Eiben (Höhe 4,50 m) einziehen und 300 qm Rasen einer Bienenwiese weichen. In die Richtung gefällt mir das Gestalten. Nicht vom Plan aus, sondern vom Garten aus. Und jetzt? Wer hätte das gedacht, dass ich mal bloggen werde – Aufklärungsarbeit auf ganzer Linie. Schritt für Schritt ganz ohne Hipe. Vielleicht doch mal Greenfluencer? 😉

Wald/Natur läd zum Perspektivwechsel ein

2020: Wunderwald für Kinder, Familien und Erwachsene.

Die Pandemie zeigte es so klar wie schon lange nicht mehr: Kinder müssen an die frische Luft und ihre Welt kennen lernen! Die Natur kennen lernene! Wie soll das sonst weiter gehen?

Das Crowdfunding-Projekt Wunderwald war nicht erfolgreich: Ich konnte den Wald nicht kaufen und Waldpädagogik anbieten für Kinder und ihre Familien. Doch für mich persönlich war das Projekt sehr erfolgreich: Neue Menschen sind in mein Leben gekommen, der Horizont ist erweitert worden – und die Lust am Leben mit all seinen Facetten ist gewachsen.

Seit April 2021: Heute arbeite ich meinen Traum:

Die Digitalisierung ist rasant fortgeschritten. Gartenrettung ist über den ditigalen Gartenzaun möglich, machbar und effizient! Viel besser als Fragen bei Facebook zu stellen und halbseidene Antworten zu bekommen! Das macht mein kleines, feines, grünes Unternehmen. Im Gartenkurs und persönlich im Garten freue ich mich auf Deine Fragen. Auf dass es bei Dir grün.wild.wunderbar werde!

7 Monate ist die kleine Braja nun schon alt. Ich freue mich auf die nächsten Jahre mit ihr in Gärten und in der Natur.

Irgendwie kommt nun langsam alles zusammen: Ich habe keinen Bauernhof und doch viele Tiere um mich herum – die sich zum Großteil selber versorgen: Wildtiere und meinen kleinen Hund Braja. Meinen kantigen Volvo kann ich zwar nicht selber reparieren, dafür freue ich mich bei jeder Fahrt über dieses Vehikel (und träume weiter von einer Pagode mit Kopftuch und großer Sonnenbrille 😉).

Im Endeffekt restauriere ich keine Stuckdecken oder Ornamente an Wänden. Ich mache mich in die Gartanarchäologie und entdecke wundersame Naturplätze im eigenen Grün. Immer und immer wieder. Und sehe, wie Menschen in ihren Gärten glücklich werden, sich entspannen und die Natur um sich herum mit staunenden Augen genießen können! Melde Dich, wenn Du in Deinem Garten voran kommen möchtest.

18. 2022 – 2023: Der Wald hat mich wieder

Holzpolter nach dem Waldbrand in Beelitz
Holzpolter nach dem Waldbrand bei Beelitz

Mitten in die Baustelle kommt ein Anruf: „Gunhild, sag mal, Du magst doch den Wald!?“. Am anderen Ende der Leitung ist der Förster, der mich beim Wunderwald beraten hat. Wir haben Ideen zusammen gesponnen, kalkuliert, gelacht. Er braucht Unterstützung und hat dabei an mich gedacht. Welch eine Freude. Gerade auch deswegen, weil ich gerade von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde eine Absage bekommen habe. Sie nehmen nur 2 neue Studierende, die schon ein Erststudium haben. Ich bekomme die Absage – ich bin auf Platz 3. Dann geht es einfach auf einem anderen Weg in den Wald!

Juli 2023: Der Garten geht weiter

Wald im Büro und Garten auf den Baustellen geht nur bedingt gut. Nach 1,5 Jahren geht es zurück zu den Basics – die Gärten rufen. Die Familie darf noch ihre Zeit haben, ehe die Kinder flügge werden. Ein gute, wenn auch schwere Entscheidung.

Ich freue mich auf die kommenden Jahre. Was sie wohl noch bringen werden?

Bis dahin: Bleibe grün.wild.wunderbar

Deine Gunhild

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