Es gibt diese Tage, an denen ich besonders spüre, wie lebendig Gartenwissen eigentlich ist. Heute war so ein Tag. Eingeladen hatte mich Nicole vom Bezirksverband der Gartenfreunde Eberswalde, um mit den Fachberaterinnen und Fachberatern über das Thema Kompost zu sprechen.
Der Bezirksverband ist der Dachverband von 66 Kleingartenvereinen mit mehr als 3600 Parzellen – verteilt auf Eberswalde, Joachimsthal, Schorfheide und Britz. Er gehört zum Landesverband Brandenburg der Gartenfreunde e.V. und hat eine Fachberatergruppe aus fünf festen Mitgliedern, die jährlich neun Schulungen für die Fachberaterinnen und Fachberater der Vereine organisiert. Diese Schulungen sind Multiplikatorenschulungen: Das heißt, das Wissen geht weiter an die Pächter: an die Menschen, die Tag für Tag draußen in ihren Gärten stehen, graben, jäten, pflanzen und beobachten.
Ich wusste also: Heute wird es lebendig.

Ob ich skeptisch war? Auf jeden Fall.
Ich hatte zugesagt, schon vor einem halben Jahr. Auf der Urban Utopia Conference 2025 traf ich die liebe Nicole. Und wer Nicole kennt, weiß, dass sie anpackt, wo andere noch diskutieren. Sie fragte mich, ob ich in ihrem Kleingartenverband einen Workshop zum Thema Kompost halten möchte. Damals habe ich zugesagt, ohne zu ahnen, wie groß der Rahmen wirklich ist.
Auf jeden Fall ein großes Dankeschön an euer unermüdliches Schaffen für Kleingärten!
Gartenwissen statt Gartenmarketing = häufig Gardenwashing
Warum mache ich solche Seminar? Ich kenne Berichte von Fachberaterlehrgängen, wo von großen Düngemitteln „doziert“ und vorgetragen wird. Also eigentlich wird dort nur Produktwerbung gemacht. Nebenbei geht es dann auch noch ein bisschen um die Fragen aus dem Garten. Das kann es doch nicht sein, oder? Denn was mir wirklich wichtig ist: Beratung darf keine Verkaufsveranstaltung für Produkte sein. Willkommen beim Gardenwashing!
Gartenberatung und Schulungen sollen die Teilnehmer befähigen, später selbst kompetente und kluge Entscheidungen zu treffen!
Zwischen Skepsis, Kuchen und echtem Interesse
Als ich ankam, fuhr ich erst einmal etwas ratlos in ein Siedlungsgebiet. Ich hatte mit einer Kleingartenkolonie gerechnet, stattdessen fand ich ein Eckgrundstück im Einfamiliensiedlungsgebiet vor. Auch gut.
In dem kleinen Schulungsraum erwarteten mich über 20 Menschen, Kaffee, Tee und selbstgebackener Kuchen. Ich war tatsächlich etwas überrascht: Einmal, dass sich so viele Menschen morgens um 9:00 Uhr an einem Samstag im Oktober mit dem Thema Kompost beschäftigen wollen. Und zum anderen: Dass das wirklich Interesse war. Kein Absitzen von Zeit und keine leeren Argumentatsionsketten im Sinne von „Das haben wir schon immer so gemacht!“
Die Stimmung war herzlich und voller Fragen. Manche hatten bereits viel Erfahrung, andere waren einfach neugierig. Wie schön bunt kann die Gartengemeinschaft sein!
Kompost: Was wirklich hinein darf
Wir starteten mit ein bisschen Theorie. Unter anderem ging es um:
- Was ist Kompost eigentlich?
- Was unterscheidet Lager- von Hitzekompost?
- Warum ist der Hitzekompost so effektiv, wenn er richtig angelegt wird?
Dann ging’s raus in die Praxis.
Ein Gestell war vorbereitet, Säcke mit Material standen bereit. Viele haben etwas mitgebracht, denn es geht nichts über einen Kompost mit Material!



Und es ging um braunes, grünes und buntes Material und um Mythen, die sich hartnäckig halten. Hier kommen die wichtigsten Fragen:
Muss man Rasen haben für Rasenschnitt?
Ist Geschmackssache. Wer Freude daran hat, darf ihn behalten wichtig ist nur, dass der Boden lebendig bleibt. Ein dichter Rasen ersetzt kein Ökosystem, aber er kann Teil eines vielfältigen Gartens sein, wenn Du ihn nicht steril behandelst.
Mein Apfelbaum hat dieses Jahr besonders gut getragen, nachdem ich gegossen habe.
Das ist nicht erstaunlich. Gießen zur richtigen Zeit, vor allem während der Blüte und Fruchtbildung, kann entscheidend sein. Dennoch bleibt die Bodenpflege über Kompost und Mulch der nachhaltigere Weg, um Wasser im Kreislauf zu halten.
Soll man Kompost verdichten?
Nein, bitte nicht. Kompost wird gleichmäßig geschichtet – auch an den Rändern – aber niemals festgetreten. Luft ist Leben. Verdichteter Kompost fault, statt zu verrotten.



Muss Kompost gegossen werden?
Wenn er richtig aufgebaut ist, nicht. Ein gesunder Kompost reguliert seine Feuchtigkeit selbst. Nur in langen Trockenzeiten kann leichtes Nachfeuchten mit Regenwasser sinnvoll sein kein Dauerregen aus der Gießkanne.
Darf Tennisplatzbelag oder Ziegelbruch hinein?
Gebrannte Ziegel: ja, in kleinen Mengen, sie sind mineralisch und strukturstabil.
Tennisplatzbelag: nein. Niemand weiß genau, welche Chemikalien dort verwendet wurden, um Moos und Algen fernzuhalten. Das gehört nicht in den natürlichen Kreislauf. Zur Entsorgung von Tennisplatzbelag (Tennisziegelmehl) bedarf es einer Deklaratiosnanalyse im Hinblick auf Schadstoff!
Darf Eichenlaub auf den Kompost?
Natürlich! Eichenlaug enthält Gerbstoffe, die langsamer verrotten, aber die Natur kann mit Gerbsäuren umgehen. Gemischt mit anderem Material entsteht ein wunderbares Gleichgewicht und ein gesunder, vielfältiger Kompost. Ein reiner Eichenlaubkompost brauch seine Zeit und sollte in einer eigene Miete angelegt werden. Gemischt mit anderem Material geht schneller und ist damit entspannter.
Was ist mit Walnusslaub, Mehltau oder Rosenrost?
Auch das darf hinein. Pilzsporen fliegen ohnehin durch die Luft sie verschwinden nicht, wenn wir befallene Blätter verbrennen. Stattdessen werden sie im Kompost (wohlgemerkt im Hintzekompost) umgewandelt. So entsteht Leben aus dem, was krank war: ganz im Sinne eines geschlossenen Gartenkreislaufs.



Zwischen Fachwissen und Bauchgefühl
Es war spürbar: Viele der Anwesenden tragen ihren Garten mit Herz. Sie haben Fragen, suchen Orientierung, und sie wissen, dass ihr Wissen etwas bewirkt, weil sie es weitergeben. Leider gibt es auch eine große Ratslosigkeit bis hin zur Resignation: „Hast Du schon mal den Gemeinschaftskompost gesehen? Das interessiert doch keinen, wie der aufgebaut ist!“
Hier kommt mein Appell an alle Verantwortungsträger in solchen Vereinen: Kommt nicht mit Vorgaben und Richtlinien um die Ecke! Sammelt den ganzen Kram auf einem riesen Haufen und an einem Gemeinschaftsaktionstag oder -wochenende wird dann daraus ein guter Kompost gebaut. Das Ergebnis spricht dann später für sich.
Gärtnern hat etwas mit begreifen zu tun: Es muss einmal durch die Hände gehen, ehe es im Hirn oder Herzen angekommt. Gut, manchmal muss es auch mehrfach durch die Hände gehen, ehe es begriffen wird. Jeder hat da seinen eigenen Rhythmus.



Ich mag diesen Moment, wenn Fachwissen auf Bauchgefühl trifft. Da sitzt ein Mann, der seit mehreren Jahrzehnten gärtnert und er redet von Flächenkompost. Toll! Eine Frau erzählt, sie wird vom Eichenlaub des auf dem Nachbargrundstück stehenden Eichenbaumes vom Laub überschwemmt. Nun wird das Laub und die Eicheln gehäckselt und verkompostiert. Wann bekommt man schon mal so viel Material geschenkt?!
Genau da fängt echtes Wissen an!
Endgedanke
Ich habe mich sehr gefreut, wie offen die Gruppe war. Auch wenn ich nicht sagen kann, aus welchen der 66 Vereine heute Vertreter da waren. Darum geht es auch gar nicht: Es geht darum, dass sich Menschen auf den Weg machen und die ihnen anvertraute Natur achtsam und mit bestem Wissen und Gewissen pflegen und begleiten.
Und das ist vielleicht das Schönste an solchen Tagen: zu sehen, dass Gärten verbinden.
Mehr über Kompostieren und Mulchen
Wenn Du Dich fragst, wann der beste Zeitpunkt für was ist, dann komm in den Gartenjahreskreis – im Rhythmus mit der Natur leben. Dort besprechen wir Monat für Monat in einer festen Gruppe, was wann warum zu tun oder zu lassen ist. Richtig tiefes Gärtern mit den Jahreszeiten ist das.
Du möchtest das Kompostwissen auch gerne haben? Dann kannst Du hier den Kompost-Kurs buchen. Natürlich bin ich da nicht in Deinem Garten aber nach dem Kurs kannst Du raus gehen und Deinen 4-Monatskompost selber bauen und zeit- und kräftesparend gute Komposterde ernten!
Ansonsten geht es hier zu meinem absoluten Lieblingswerkzeug im Garten. Die Liste ist schon lang und tatsächlich noch nicht vollständig. Wenn Dir noch etwas fehlt, schau gern vorbei: Lieblingswerkzeug im Garten
Ansonsten gibt es hier noch spannende Artikel, die zum Thema passen:
- So startest Du Deinen Kompost
- Mulchen und Hacken im Garten
- Mulchen im klimagerechten Garten
- Mulchen im klimagerechten Garten II
Nun wünsche ich Dir viel Freude beim Lesen, beim Kompostieren und später beim Kompost ernten: Für mehr grün.wild.wunderbare Gärten!