Ich bin ohne Hund aufgewachsen. In Berlin-Wedding. Und ehrlich gesagt – ich hatte richtig keinen Bock auf diese Köter!
Der Sommergeruch von heißem Asphalt und den dampfenden Hinterlassenschaften unzähliger Vierbeiner, gemischt mit dem süßen Duft der Mahonien – das war mein Bild von „Hund“. Kein Wunder also, dass ich lange einen Bogen um alles machte, was bellte, sabberte oder Fell hatte und es auch scharf verurteilte.
Und dann kam das Leben wie es halt manchmal so ist …
Ich machte den Jagdschein.
Weil mich die komplexen Zusammenhänge in und mit der Natur schon immer neugierig machten. Weil ich verstehen wollte. Und weil ich gerne Fleisch esse – und zwar nicht aus KZ-Hausen sondern ökologisch und moralisch vertretbar.
Wir mussten die Jagdhunderassen auswendig lernen, wer für welches Arbeitsgebiet eingesetzt wird, wie die Prüfungen ablaufen – also Hunde, die nicht „Haustier“ waren, sondern Arbeitspartner. Wie abgefahren dieses Lernen war. Für mich noch völliger Blödsinn. Auf den Lernkarten sahen sie irgendwie alle gleich aus.
Dann wurde ein Vizsa vorgestellt, ein ungarischer Vorstehhund, der nicht gerne bellt – na, das ist doch was. Ein Hund ohne Kläffen – fantastisch! Und ich sah ihn arbeiten – so was machen Hunde nämlich auch. Nicht nur Gassi gehen in der Fußgängerzone und warten, dass das Pläuschchen unter der Straßenlaterne beendet wird.
Von da an wusste ich: Ich werde mal einen Hund haben! So einen Viszla: schöne Farbe, leise, elegant… und wie das Leben es dann so wollte: Es kam doch anders.
Wenn Hunde arbeiten
Nein, dieser Text handelt nicht von meinem Hund. Wobei, ich lieben meinen Hund sehr! Braja ist genau der Hund, den ich in den letzten Jahren gebraucht habe. Eine bärtige Deutsch Drahthaarhünding mit bernsteinfarbenen Augen – die mich spürt ehe ich weiß, was los ist. Doch hier geht es um den Hund eines Freundes.
Eine gestromte Hündin, etwas dusselig, mit einer Art, die man leicht unterschätzt. Sie war nicht mein Hund. Nicht mein Projekt. Nicht mein Kuschelpartner. Nicht mein Arbeitspartner. Da gab es eine ganz klare Trennung!
Sie war einfach da. Lebte mit uns, wurde zur Jagd eingesetzt. Sie war wichtig. Manchmal war ich eifersüchtig, weil sich so viel um sie drehte. Wenn das Telefon klingelte: „Eine Nachsuche!“, wurde alles stehen und liegen gelassen, Hund eingepackt und ich war alleine mit den Kindern. Immer und immer wieder. Der Hund hatte Freude! Sie wurde gearbeitet, sie konnte zeigen, was sie kann. Und sie war sehr gut, zusammen mit dem Hundeführer. Diese Verbindung hat mir persönlich manchmal gefehlt – ich weiß gar nicht, ob sie das mitbekommen hat. Wie gesagt, sie war etwas dusselig.

Eine etwas andere Beziehung
Als ich schwanger wurde, veränderte sich irgendetwas. Das Leben ging seinen Weg. Ich war mit mir beschäftigt, mit dem Leben, mit Gedanken machen. Hatte akzeptiert, dass ich mit einem Hund zusammen lebte – ohne mit einem Hund zusammen zu leben. Der Alltag blieb irgendwie gleich. Aber auf einmal hatte ich einen Hund an meiner Seite. Manchmal hieß es: „Sie ist sowieso ein Frauenhund.“
Wenn ich mit ihr im Wald war, wich sie mir nicht von der Seite. Als sei es das normalste der Welt, dass wir beide jetzt zusammenhalten. Dabei hatten wir so wenig miteinander zu tun. Das war paradox.
Wenn jemand auf mich zukam, grummelte es neben mir. Kein Bellen. Kein Drama. Aber eine unübersehbare Klarheit:
Dir passiert nichts!
Über Monate hinweg begleitete sie mich. Unaufdringlich. Wie ein schützender Schatten. Selbst bei der Geburt war sie mit dabei, zusammengerollt auf ihrem Platz.
Ganz selbstverständlich.
Ich weiß nicht, was sie gespürt hat. Ich weiß nur, dass ich mich sicher fühlte. Im Nachhinein erfüllt mich das mit großem Dank. Ich glaube nun: Tiere sehen uns anders.
Und manchmal erkennen sie, was wir selbst noch nicht fühlen können. (Die Eifersucht hätte ich mir so was von sparen können.)
Für das Frühlingskind ist diese Hündin „der erste Hund“. Nicht im Sinne von „mein erstes Haustier“, sondern im Sinne von: Dieser Hund war da, als ich ins Leben kam. Als sie starb, war es schlimm im Sinne einer tiefen Trauer. Ein großes Fragezeichen. Ein großes Warum.
Und für mich bleibt sie: Nicht mein Hund. Aber mein Hund unabhängig aller jagdlichen Arbeitsaufgaben. Meine stille Wächterin.
Ich glaube, sie wäre eine gute Kumpelinin für meine Braja geworden. An sie denke ich, wenn Aika und Braja friedlich auf ihren Plätzen liegen, bei jedem Ausbildungstag, bei jeder Jagd, wie es gewesen wäre, wenn…
Sie hatte ein gutes Leben und hat sich im vergangenem Frühsommer verabschiedet. Jage froh und fröhlich weiter, meine gestromte Dussel-Wächterin.
Zu diesem Blogartikel hat mich die Blogparade von Anke. Sie ist Tierärztin und fragte nach einem besonderen Tiermoment. Danke, liebe Anke, für diesen Impuls!
2 Antworten
Liebe Gunhild!
Danke für diesen tollen Beitrag. Sehr schön kann man deine Wandlung zum Hunde-Meider zum Hunde-Möger nachvollziehen. Ich finde es auch immer wieder faszinierend, wie vielfältig Hunde arbeiten können, sei es Jagdhunde wie bei dir oder Hütehunde oder Spürhunde oder Begleithunde.
Außerhalb der Arbeit haben die Hunde oft ein Gespür für uns Menschen, ich bin als Kind immer zu unserem Hund in die Hundehütte gekrochen, wenn ich traurig oder wütend war und kam geerdet wieder raus. Allein die Anwesenheit des Tieres reichte dafür aus. So kann ich deine Beziehung zu dem Hund deines Freundes. Auch hier scheint der Hund zu spüren, was du gerade brauchst. Einfach toll.
Vielen Dank für deinen Beitrag zu meiner Blogparade!
Liebe Anke, ja, so war meine Entwicklung. Gerne wäre ich als Kind schon mal in eine Hundehütte gekrochen. Mangels einer solchen hat es mich dann in die Botanik gezogen. Auch gut.
Viel Freude und viele schöne Artikel wünsche ich Dir zu Deiner Parade!
Kennst Du schon meine monatliche Blogparade? Die wilden botanicals. Immer am 17. gibt es eine Pflanzenvorstellung, die mir im Alltag so über den Weg läuft. Vielleicht gibt es bei Dir ja auch relevante Pflanzen rund um die Tiere, die besprochen werden können und den Blog gleich nich lebendiger machen.
Liebe Grüße, Gunhild