Manchmal reicht ein besonderer Duft, ein Geräusch oder ein Lichtmoment um uns in den Garten der Kindheit zu transportieren. Manchmal ist dieser Moment nur ganz kurz. Manchmal ist es wie ein langer Spaziergang.
Dabei steht sonst das Thema Gefühle nicht ganz oben auf der Liste, wenn wir die nächsten Schritte im Garten planen.
Ganz ehrlich: Wir sollten uns von der technischen Gartenplanung lösen: Das beste Ergebnis erzielen wir, wenn wir die Frage beantwortet haben: „Wie will ich mich im Garten fühlen?!“
- Was macht einen Garten emotional?
- Sinneserlebnisse im Garten
- Der Garten als Erinnerungsort
- Therapeutische und inklusive Gärten
- Der emotionale Garten im Jahreslauf
- Abschlussideen und der Innere Garten
Was macht einen Garten emotional?
Ein Garten wird emotional, wenn er eine persönliche Bedeutung bekommt.
Das passiert ungefähr gar nicht durch eine aufgesetzte Gestaltung oder seltene Pflanzen, das passiert eher dadurch, was wir mit ihm verbinden und Erinnerungen zulassen an Erlebnisse, Menschen und Stimmungen.
Häufig wird er zum Teil unserer eigenen Geschichte ohne dass wir es bewusst mitbekommen. Dann wird er aus der Erinnerung heraus ein Ort, an diese Erinnerungen neue Farben bekommen und wieder aufleben. Ich denke dabei dann an Parallelleben.
Ich bin davon überzeugt, dass es genau diese Verbindung ist, die einen Garten von einem gestalteten Außenbereich zu einem echten Lebensraum macht. Emotionen machen also auch im fast naturwissenschaftlichen Bereich „Garten“ den Unterschied.

Sinneserlebnisse im Garten
Ein Garten ist etwas wunderbares: Er wirkt über alle Sinne und zwar völlig egal, wie er gestaltet ist! Das macht ihn zu einem emotionalen Ort.
Unsere Sinneseindrücke entstehen aus fünf klassischen Sinnen – und im Garten spielen alle eine Rolle:
1. Sehen
Das Offensichtliche: Klar haben wir hier die Farben, Formen und Lichtstimmungen. Blühende Stauden, strukturierte Hecken oder der Wechsel von Sonne und Schatten schaffen optische Reize und öffnen Räume.
2. Riechen
Hier sind wir bei Düften von Blüten, Kräutern oder feuchter Erde. Sie verankern sich tief im Gedächtnis und lösen oft sofort Erinnerungen aus. Der Geruchssinn und die Erinnerungen – das passiert in unserem Kopf
3. Hören
Auch wenn wir als Menschen mit keinem besonders gute Hörsinn gesegnet sind, sind Geräusche und Töne total wichtig für Gefühle. Was wäre ein Film Bitteschön ohne Ton?Geräusche wie Vogelgesang, Blätterrascheln oder Wasserplätschern wirken beruhigend oder belebend.
4. Schmecken
Jetzt geht es ums Eingemachte: Obst, Gemüse und Kräuter aus dem eigenen Garten bieten direkte Geschmackserlebnisse, die mit bestimmten Jahreszeiten verbunden sind. Manches mögen wir besonders gerne, manches schmeckt uns gar nicht.
5. Tasten
Gartenarbeit bedeutet Anfassen, mit oder ohne Handschuhen (wobei ich sofort Handschuhe anhabe, sobald es die Idee von Arbeit mit Erde haben könnte. Aber das hat dann nicht mit Ich-will-nicht-anfassen zu tun sondern mit Körperschutz). Oberflächen und Temperaturen: glatte Blätter, raue Baumrinde, kühler Stein, warmer Holzsteg.
Ein emotionaler Garten spricht möglichst viele Sinne gleichzeitig an. Das kann durch gezielte Pflanzenauswahl, abwechslungsreiche Strukturen oder den Einsatz von Wasser, Holz und Stein erreicht werden. Wenn Du den Garten bewusst mit Sinneserfahrungen planst, schaffst Du automatisch mehr Atmosphäre und emotionale Bindung.
Vielleicht kennst Du einige dieser Erinnerungen, die durch Sinne im Garten ausgelöst werden können:
- Der Geruch von frisch gemähtem Gras im Frühsommer.
- Das Summen der Bienen im Obstbaum.
- Der Geschmack einer noch warmen Tomate direkt vom Strauch.
- Das Gefühl von feuchter Erde nach einem Sommerregen.
- Das Farbspiel eines Ahorns im Herbstlicht.
Natürlich gibt es Gärten, welche die Sinne ansprechen, schon extra Namen. Was wären wir ohne spezielle Bezeichnungen?!
Duftgärten
Duftgärten sind Gärten, in denen Pflanzen nach ihrem Geruch ausgewählt und angeordnet werden. Düfte wirken direkt auf das limbische System im Gehirn und können Erinnerungen und Gefühle besonders intensiv auslösen.
Tastgärten
In Tastgärten werden Strukturen, Oberflächen und Formen bewusst erlebbar gemacht. Das Ertasten aktiviert haptische Reize, die zur räumlichen Orientierung beitragen und emotionale Bindung fördern können. Ich denke spontan an Barfußpfade.
Klang
Gezielt eingesetzte oder natürlich entstehende Geräusche, die die Atmosphäre eines Gartens prägen. Akustische Reize wirken auf das Nervensystem, können beruhigen, beleben und das Naturerleben verstärken.
Sinneserfahrungen schaffen direkte emotionale Bindung. Sie sind oft stärker als visuelle Eindrücke allein.
Ich bin kein Fan von extra angelegten Sinnesgärten. Denn eine umsichtig angelegter Garten hat eh alles. Mal mehr und mal weniger, je nachdem, worauf man den Fokus legt. Doch ich möchte kein Duftbeet in meinem Garten und keinen Barfußpfad. Aber Duftpflanzen dürfen es sein, verschiedene Oberflächen auch und tönen tut es in einem lebendigen Garten auf jeden Fall!

Der Garten als Erinnerungsort
Viele Menschen verbinden mit einem Garten ihre Kindheit. Oft sind es Gerüche, Geräusche oder bestimmte Handgriffe, die diese Erinnerungen wachrufen.
Ein Beispiel: In meiner Familie gab es zwei Gärten, die mich geprägt haben – der meiner Großmutter und der meines Großvaters. Beide liegen in Süddeutschland.
Bei der Großmutter gab es Blumen auf dem Tisch, sie kochte viel Marmelade und ich habe mir die ersten Gedanken über Kompost gemacht. Mein Großvater hat unglaublich gerne Marmeladenbrote gegessen. Also meist mehr Marmelade als Brot. Im Garten stand eine riesiger Kirschbaum, der eher den Staren gehört und die Brombeeren im Schatten der Garage waren ungefähr immer sauer.
Gärten sind oft Teil einer Familiengeschichte – und damit Teil der eigenen Identität und zwar subtil. Das finde ich das Spannende!
Therapeutische und inklusive Gärten
Sogar die Krankenkassen haben es mittlerweile auf dem Schirm. Dazu gibt es ein aufschlussreiches Interview mit Andreas Niepel: Gartentherapie: Mensch und Natur zusammenbringen
In diesem Rahmen sind therapeutische und inklusive Gärten gezielt gestaltete Räume, die körperliches, psychisches, kognitives und soziales Wohlbefinden fördern. Sie bieten sowohl aktive Möglichkeiten – wie das Anbauen, Ernten oder Pflegen von Pflanzen – als auch passive Erfahrungen, etwa den Aufenthalt in einer ruhigen, grünen Umgebung. Dabei ist es übrigens egal, welche Jahreszeit wir haben.
Die Forschung zeigt, dass gärtnerische Aktivitäten messbare, positive Effekte auf die mentale Gesundheit und die Lebensqualität haben. Sie können Depressionen und Ängste reduzieren, Schmerzen lindern und kognitive Funktionen unterstützen. Besonders bei älteren Menschen oder Menschen mit Demenz wird eine Verringerung von Unruhe, eine verbesserte Aufmerksamkeit und sogar ein reduzierter Medikamenteneinsatz beobachtet.
Auch für Menschen mit chronischen Erkrankungen und körperlichen Einschränkungen bieten solche Gärten moderate, aber signifikante Verbesserungen des Wohlbefindens. Gemeinschaftsgärten stärken zusätzlich soziale Teilhabe, bauen Isolation ab und fördern das Selbstwertgefühl. Darüber hinaus führen Gartenaktivitäten oft zu mehr Bewegung im Alltag und zu einer gesünderen Ernährung. Grün macht gesund.
Das sind keine Heilversprechen meinerseits. Ich bin einfach nur die Gärtnerin 👩🌾.
Der emotionale Garten im Jahreslauf
Der Jahresverlauf bestimmt nicht nur, was im Garten passiert, sondern auch, wie wir ihn erleben. Jede Jahreszeit bringt andere Sinneseindrücke, körperliche Tätigkeiten und emotionale Bedeutungen mit sich. Dieser Rhythmus schafft Struktur, wirkt stabilisierend und kann insbesondere in therapeutischen und inklusiven Gärten gezielt genutzt werden… wenn er als Ganzes und als Kreislauf gesehen und gefühlt wird.
- Frühjahr: Hoffnung – die Farben kommen zurück und die Samen keimen.
- Sommer: Fülle – Ernte, Farben und Düfte, beschenkt werden.
- Herbst: Loslassen – Einmachen, Rückschnitt, Dankbarkeit.
- Winter: Vorfreude – Weihnachten, Familienzeit, Pläne für die nächste Saison.

Abschlussideen
Schau mal, was ein Garten alles kann. Von wegen nur Rasen mähen und gießen! Ein emotionaler Garten verbindet Natur und Mensch auf eine Art und Weise, die weit über die äußere Gestaltung hinausgeht. Er ist ein Umgehen der eigenen Geschichte, ein Ort für alle Sinne und oft ein Stück Heimat. Deswegen ist mir der Innere Garten so wichtig!
Hier geht es übriges weiter zu einem Buch, das genau in dieses Thema passt. Es ist eines meiner Lieblingsgartenbücher: Der Geschmack von Apfelkernen
Außerdem habe ich mich damit beschäftigt, wie sehr uns Gartenerinnerungen beeinflussen: Warum die Gärten unsere Kindheit wichtiger sind als je zuvor und was gerade Anfänger aus diesen Erinnerungen lernen können.
Jetzt geht es noch in die Gärten meiner Großeltern: