Brut- und Setzzeiten

Allgemeiner Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen

Ein so wichtiges Thema!

Vor allem, wenn jetzt wieder die Wasseruhren angestellt werden und das Leben in den Garten einzieht: „Lass uns ein Arbeitswochenende im Garten machen!“, heißt es dann gerne, „Alle Hände ran!“. Bei der euphorischen Arbeitsfreude gilt nur eines:

Alles an Gestrüpp, verwucherten Hecken und dichtem, strauchigem Bewuchs – BLEIBT!

Das hätte bis Ende Februar organisiert sein sollen.

Es geht dabei nicht um die Beschneidung Deiner Arbeitsfreude sondern um den Schutz wild lebender Tiere. Viele Tiere, die wir zum Teil gar nicht mehr kennen, reagieren sehr empfindlich in der Zeit der Jungtieraufzucht. Und das sollten wir berücksichtigen. Schließlich wollen wir ja eine vielfältige, lebendige Natur, oder?

Außerdem ist es auch eine große Freude, wenn Du – mit genügendem Abstand – dieses kleine/große Wunder in Deiner Umgebung beobachten und begleiten kannst: Das Aufwachsen von Tieren. Hast Du eine kleine Aufzuchtstation in Deinem Garten? Wer wird bei Dir groß?

In diesem Artikel geht es um

39 BNatSchG, Kapitel 5 – Schutz der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten, ihrer Lebensstätten und Biotope; Allgemeiner Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen.

In diesem Paragraphen wird sehr übersichtlich gezeigt, was wir wann in der Natur / Garten machen dürfen. Nein, ich bin keine Rechtsanwältin oder etwas in der Richtung. Ich habe nur schon so viele Gespräche geführt mit ungläubigen Augen, dass es vielleicht Sinn macht, diesen Artikel aufzugreifen und ins Bewusstsein zu holen.

Den Gesetzestext kannst Du nach ,dejure.org nachlesen. Und ja, diesmal wird es ein Artikel mit weniger Bildern. Diesmal geht es ums Prinzip, Bilder folgen eventuell.

Fangen wir an:

(1) Es ist verboten,

  1. wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten,
  2. wild lebende Pflanzen ohne vernünftigen Grund von ihrem Standort zu entnehmen oder zu nutzen oder ihre Bestände niederzuschlagen oder auf sonstige Weise zu verwüsten,
  3. Lebensstätten wild lebender Tiere und Pflanzen ohne vernünftigen Grund zu beeinträchtigen oder zu zerstören.

Jaja, schon geht es los mit einem Verbot. So sind die Texte nun mal. Wenn wir uns davon nicht irritieren lassen, steht da: Lass Tiere und Pflanze in Ruhe, beobachte sie aus genügender Entfernung, freue Dich an Pflanzen an ihren eigenen Standorten und schütze ihre Lebensstätten. So interpretiere ich das zumindest.

Hintergrund ist, dass wir als Gesellschaft prinzipiell gelernt haben sollten, keinen Raubbau an der Natur oder illegalen Handel zu betreiben. Ob das nicht klar sei, könntest Du Dich jetzt einwenden… Für illegale Wilderei müssen wir nicht an die Adriaküste schauen… lies mal dazu den Bericht über illegalen Vogelhandel in Deutschland. Nicht nett.


(2)

  1. Vorbehaltlich jagd- oder fischereirechtlicher Bestimmungen ist es verboten, wild lebende Tiere und Pflanzen der in Anhang V der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten aus der Natur zu entnehmen.
  2. Die Länder können Ausnahmen von Satz 1 unter den Voraussetzungen des § 45 Absatz 7 oder des Artikels 14 der Richtlinie 92/43/EWG zulassen.

Unter Anhang V (scroll bei der Richtlinie gaaaaanz weit nach unten) findest Du die Tiere und Pflanzen, die lediglich im Rahmen von Jagd und Fischerei der Natur entnommen werden dürfen. Sonst nicht. Das bedeutet für den Hausgebrauch, wenn der Waschbär Deine Mirabellen frisst oder der Marder Dir die Dämmung aus der Dach holt – ist das so. Punkt. Von „Dürft ich nicht auch…“ oder „Was wäre, wenn…“ will ich nichts wissen!


(3) Jeder darf abweichend von Absatz 1 Nummer 2 wild lebende Blumen, Gräser, Farne, Moose, Flechten, Früchte, Pilze, Tee- und Heilkräuter sowie Zweige wild lebender Pflanzen aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich entnehmen und sich aneignen.

Ein Blumensträußchen ist ok (wenn danach die Wiese nicht kahl ist) und auch ein Körbchen Pilze ist ok. Ein Kofferraum voller Pilzkartons für die Riesengroßfamilie, die auf einmal alle in einem Landgasthaus arbeiten… ist nicht ok. Versteht sich, oder?

Wobei ich bei vielen Pflanzen mittlerweile finde: Mach ein Foto und freu Dich so daran. Lass die Pflanze einfach dort stehen, lass sie sich aussamen, Schließlich geht es ihr an diesem Standort augenscheinlich gut.

Du kannst auch ein digitales Herbarium anlegen – das hätte ich mal in meinem Studium gebraucht . Schau mal bei meinen Lieblingsapps für unterwegs vorbei. Dort findest Du sicher eine passende App für unterwegs!


(4)

  1. Das gewerbsmäßige Entnehmen, Be- oder Verarbeiten wild lebender Pflanzen bedarf unbeschadet der Rechte der Eigentümer und sonstiger Nutzungsberechtigter der Genehmigung der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde.
  2. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn der Bestand der betreffenden Art am Ort der Entnahme nicht gefährdet und der Naturhaushalt nicht erheblich beeinträchtigt werden.
  3. Die Entnahme hat pfleglich zu erfolgen.
  4. Bei der Entscheidung über Entnahmen zu Zwecken der Produktion regionalen Saatguts sind die günstigen Auswirkungen auf die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu berücksichtigen.

Dazu muss ich nicht viel sagen, oder? Das ist soweit verständlich und klar. Einfach so draußen rum wandern und Pflanzen, Saatgut oder Tiere einsammeln ist lieb gemeint aber nicht immer gut. Weder bei niedlichen Frischlingen noch bei Froschlaich oder sooo schönen Blüten.

Doch vielleicht gibt es doch etwas zum Nachdenken: Die Evolution geht weiter – und das haben wir nun auch geschnallt. Pflanzen sind durchaus an ihre Standort angepasst und entwickeln sich in ihrer Region weiter. So kann es gut sein, dass eine Art aus den Bergen im Tiefland einfach nicht so gut funktioniert, weil hier die Bedingungen doch anders sind als in den Bergen – auch, wenn es die gleiche Art ist. Die Forstwirtschaft hat diese Phänomen schon länger erkannt und im Forstvermehrungsgutgesetz fixiert.

Für krautige Arten und Gehölzen gilt seit dem 2.3.2020 die Ansage, dass Saat- und Pflanzgut in der freien Natur nur noch innerhalb ihrer Vorkommensgebiete ausgebracht werden dürfen. Gebietseigene Herkünfte heißt das dann.

Das Verteilen von selbstgedrehten Samenbomben aka Guerilla Gardening sollte nun wirklich überdacht werden. In der Stadt kann das Hinwerfen von Samenbomben lustig sein. Sie zu Formen sicher auch. Sie in die freie Natur zu werfen ist dagegen allerdings uncool. Hier können dadurch sensibel aufgestellte Populationen ins Wanken gebracht werden. Wobei wir wieder bei Absatz (3) wären: Führe lieber ein digitales Herbarium und schone die Pflanzen vor Ort. Nimm nichts weg und bringe nichts ein. Ganz einfach.


(4a)

  1. Ein vernünftiger Grund nach Absatz 1 liegt insbesondere vor, wenn wissenschaftliche oder naturkundliche Untersuchungen an Tieren oder Pflanzen sowie diesbezügliche Maßnahmen der Umweltbildung im zur Erreichung des Untersuchungsziels oder Bildungszwecks notwendigen Umfang vorgenommen werden.
  2. Vorschriften des Tierschutzrechts bleiben unberührt.

In kurz: Lass die Unis forschen. Und freu Dich über gute, neue Erkenntnisse!


(5)

1 Es ist verboten,

  1. die Bodendecke auf Wiesen, Feldrainen, Hochrainen und ungenutzten Grundflächen sowie an Hecken und Hängen abzubrennen oder nicht land-, forst- oder fischereiwirtschaftlich genutzte Flächen so zu behandeln, dass die Tier- oder Pflanzenwelt erheblich beeinträchtigt wird,
  2. Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebsplantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden, auf den Stock zu setzen oder zu beseitigen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses der Pflanzen oder zur Gesunderhaltung von Bäumen,
  3. Röhrichte in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September zurückzuschneiden; außerhalb dieser Zeiten dürfen Röhrichte nur in Abschnitten zurückgeschnitten werden,
  4. ständig wasserführende Gräben unter Einsatz von Grabenfräsen zu räumen, wenn dadurch der Naturhaushalt, insbesondere die Tierwelt erheblich beeinträchtigt wird.

Auch, wenn wir uns Stadtmenschen es manchmal nicht vorstellen können: Ab Frühling geht in der Natur die Vermehrung und das Leben los: Es wird sich gepaart, Nester gebaut, eine Brut, ein zweiter bis vielter Wurf, eine bis vielte Samenreife… da passiert richtig viel während wir täglich und routiniert zur Arbeit fahren. Der Natur mit ihren Jahreszeiten ist es übrigens egal, ob wir gerade im Sommerurlaub Zeit haben, mal eine größere Bauaktion zu machen. Wenn wir jetzt stören – haben viele Prozesse erst in einem Jahr wieder die Chance, die Art weiter zu bringen. Daher bedenke die Brut- und Setzzeiten vom 1. März bis 30. September: Hier wird die Anzucht geschützt! Egal ob in den Bäumen, im Schilf oder im Schmodder von Gewässern.


2 Die Verbote des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 gelten nicht für

  1. behördlich angeordnete Maßnahmen,
  2. Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse nicht auf andere Weise oder zu anderer Zeit durchgeführt werden können, wenn sie a) behördlich durchgeführt werden, b) behördlich zugelassen sind oder c) der Gewährleistung der Verkehrssicherheit dienen,
  3. nach § 15 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft,
  4. zulässige Bauvorhaben, wenn nur geringfügiger Gehölzbewuchs zur Verwirklichung der Baumaßnahmen beseitigt werden muss.

Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung bei den Verboten des Satzes 1 Nummer 2 und 3 für den Bereich eines Landes oder für Teile des Landes erweiterte Verbotszeiträume vorzusehen und den Verbotszeitraum aus klimatischen Gründen um bis zu zwei Wochen zu verschieben. Sie können die Ermächtigung nach Satz 3 durch Rechtsverordnung auf andere Landesbehörden übertragen.


(6) Es ist verboten, Höhlen, Stollen, Erdkeller oder ähnliche Räume, die als Winterquartier von Fledermäusen dienen, in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. März aufzusuchen; dies gilt nicht zur Durchführung unaufschiebbarer und nur geringfügig störender Handlungen sowie für touristisch erschlossene oder stark genutzte Bereiche.

Wie stehst Du zu Fledermäusen? Ich hatte tolle Erfahrungen machen dürfen, als ich 2020 im Rahmen des Citizen Science Projektes mit einem Ultraschalldetektor die Fledermausrufe aufnehmen durfte. Die leisen Flieger brauchen unseren Schutz, so viel ist klar!


(7) Weiter gehende Schutzvorschriften insbesondere des Kapitels 4 und des Abschnitts 3 des Kapitels 5 einschließlich der Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen bleiben unberührt.

Kapitel 4 beschäftigt sich mit dem Schutz bestimmter Teile von Natur und Landschaft und Abschnitt 3 des Kapitel 5 mit dem Besonderen Artenschutz.


Das bedeutet in kurz: Wir sollten uns darum kümmern, dass Lebensräume erhalten bleiben. Dass Pflanzen dort wachsen und sich vermehren dürfen, wo es ihnen gut geht (außer invasive Arten, versteht sich) und dass Tiere dort leben und sich entfalten können, wo sie sicher sind (auch hier: die invasiven Arten lassen wir mal außen vor).

Wir haben nur diese eine Natur. Passen wir auf sie auf.

Und das alles gerne friedlich, aufgeklärt und achtsam. So viel zu diesem wichtigen Paragraphen.

Warum ich das hier schreibe?

Weil die Natur keinen Halt vor unserem Garten macht: Vögel nisten bei uns, die Füchse ziehen nachts durch den Garten, und Wildkräuter hätten wir auch gerne. Wenn du ein Stück Land pachtest oder kaufst bedeutet es, dass Du Verantwortung übernehmen kannst / sollst / willst / darfst. Und für manches gibt es einfach Gesetzte.

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