Von der Pfarrerstochter zur Gärtnerin

Ich bin in einer Pfarrfamilie groß geworden (nein, nicht katholisch, denk mal drüber nach… 😉). Das bedeutete: kein klassisches Wochenende, auch nicht in Berlin. Sonntag war Gottesdienst, Samstag Vorbereitung, und der freie Tag fiel auf Montag, an welchem dann natürlich Schule war. Für mich war das normal. Rituale, Feste, Musik, Gemeinschaft, all das gehörte zu meinem Alltag und ich bin bis heute dankbar dafür. Wir haben viel gesungen, ich habe viele Instrumente spielen gelernt, im Chor gesunden, ich durfte erleben, wie verbindend gemeinsames Feiern sein kann, wie lecker große Feste sein können.

Wer spricht hier von Erleuchtung? 😁

Die Sache mit Schuld und Sühne

Nuuuuur: gleichzeitig war da immer dieses Fremdsein. Ich kann mit der Vorstellung nicht mitgehen, dass ein Mensch sündig auf die Welt kommt und erst durch die Taufe „rein“ wird. Wenn ich Kinder anschaue, sehe ich keine Schuld. Warum sollte ein Neugeborenes Schuld tragen? Auch mit Drohungen von Hölle oder ewiger Bestrafung konnte ich nichts anfangen. Dieses tiefe Verankern von schlechtem Gewissen, Druck und Erwartungen… Nein, nein, das ist nicht meines.

Natur

Stattdessen habe ich das Draußen gesucht. Hier erschließt sich eine Logik, mit der in mitgehen kann: Diesen Rhythmus kann ich sehen, fühlen und langsam auch leben. Hallo Natur-Rhythmus.

Und nein: Ich spreche nicht mit Pflanzen, ich sehe keine Elfen und ich spüre keine Energien zu anderen Welten.

Aber es gibt Momente, die mich bis ins Innerste rühren: Nebel über einem stillen See, der Ruf eines Schwarzspechts (und dann turnen sie mit ihrer roten Haube auch noch am Stamm entlang), eine Vollmondnacht. Oder die Form einer Blüte, die so gebaut ist, dass sie mich an gotische Architektur erinnert. Der goldene Schnitt, die Symmetrie in Samen und Blättern, das sind keine Religionen oder Psalmen, das sind Naturphänomene. Sie erklären sich selbst – oder besser gesagt: Sie sind einfach da und erklären sich überhaupt nicht, sie rechtfertigen sich nicht.

Vom Kirchenjahr zum phänologischen Kalender

Mit der gärtnerischen Ausbildung hat sich das Gefühl verdichtet. (Und ich muss dazu sagen: Erst nach Ausbildungsbeginn kristallisierte sich heraus, dass in meinem Ausbildungsbetrieb der Geist der Pfingstgemeinde lebte und war intensiv. Es war zwischendurch schon fast sektenhaft, wenn zu Halloween glücklich Kürbisse zerschlagen wurden, weil es ein heidnisches Fest sei…!)

Und mit dem phänologischen Kalender habe ich schließlich einen Rhythmus entdeckt, der mir Sinn gibt. Da gibt es kein Dogma und keine verknüpfte Religion: Der phänologische Kalender ist halt das, was die Natur uns zeigt. Da kann ich mitgehen.

Natürlich nehme ich auch heute vieles aus meiner Kindheit mit. Die Musik, das Gefühl von Gemeinschaft, das Wissen um Rituale. Aber ich suche nicht mehr die Kirche. Für mich ist sie eine Institution wie andere Vereine auch, mit denen ich wenig anfangen kann. Meine Suche geht in die Natur.

Ehrlich zu sich selbst sein

Vielleicht können Menschen genau das lernen: ehrlich zu sich selbst zu sein. Wenn wir lernen, den Raum offen zu lassen, sich kennenzulernen und Situationen anzuerkennen, haben wir viel gelernt. Wenn wir dabei auch noch ohne Gräben ziehen zu müssen und sich in Groll und Gram und Drama zu üben das Gefühl von Ruhe pflegen können, haben wir schon viel gewonnen, oder?

Das Leben ist doch nicht dafür da, uns zu ärgern… auch wenn wir uns manchmal ärgern. Wir sind hier, um es schön zu haben und schön zu machen.

Dankbarkeit und Freiheit

Mein Weg führte also vom Pfarrhaus in den Garten. Von den Regeln eines Vereins zur Freiheit in der Natur. Ich bin dankbar für beides und mein Herz schlägt für die Pflanzen, ihre Geschichten und die Ruhe, die sie schenken

Und das ist vielleicht noch viel christlicher, als es in der Kirche gepredigt wird. Wer weiß das schon. Ich freue mich auf jeden Fall über alle, die ein Stück den Weg mit mir gehen oder gegangen sind. Mit manchen gehe ich sogar in den Garten (im Garten-Jahreskreis), manche gehen den Weg für sich selber und lassen sich von der Innenzeit begleiten.

Und nein, es ist nicht immer alles toll und schön und Glitzerkonfettig. Das kannst Du gerne glauben. Die Grundstimmung ist nur kein Drama mehr. Und das ist das größte Freiheitsgeschenk!

Du willst mich mehr kennen lernen: Unter der Kategorie Persönliches findest Du verschiedene Aspekte, die ich bereits beleuchtet habe. Viel Freude beim Lesen.

In diesem Sinne: Bleibe grün.wild.wunderbar

Deine Gunhild

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2 Antworten

    1. Danke, liebe Susanne, das Leben ist voller Wunder und Fragezeichen. Mal sehen, was noch alles auf uns zukommt. Ich bin sehr gespannt auch von Dir zu lesen.
      Liebe Grüße zu Dir
      Gunhild

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